Was ist TCR und warum mache ich das? Eine Erklärung gibt es hier. Fragen dazu bitte gerne in den Kommentaren oder auf anderen bekannten Wegen. Ich versuche, alle zu beantworten.
Und an dieser Stelle gibt es den TRACKING LINK DES TAGES
Hier finden sich die Blog Einträge der vergangenen Wochen, zum Nachlesen:
Die Tage davor
Woche 1
Woche 2
Woche 3
Woche 4
Woche 5
Woche 6
TCR #55 Durch die Tundra nach Olderfjord
Montag, 30. Juni. Ich habe mein Nachtlager an der Fjordküste in Olderfjord aufgeschlagen. Ein Lagerfeuer angefacht, mein Zelt aufgeschlagen und Essen gekocht. Jetzt genieße ich die Stille des Ortes, an dem nur das Rauschen des kleinen Flusses nebenan und gelegentliches Vogelgezwitscher zu hören ist.

Hierher gekommen bin ich heute mit Unterstützung des von Miro und Sami, den beiden Bikepackern aus Bratislava, die gestern Nacht im gleichen Quartier wie ich übernachtet haben. Die ersten 90 Kilometer des heutigen Tages vergingen während der gemeinsamen Fahrt im Eiltempo. Es war schön, nach den vielen langen und oft auch einsamen Fahrten in den Norden wieder einmal Gesellschaft zu haben. Und Windschatten! Ich hatte schon fast vergessen, mit welcher Leichtigkeit man damit dahinsegeln kann.

Nach 90 Kilometern gemeinsamer Fahrt entlang der Fjordküste trennten sich unsere Wege kurz vor Alta wieder.
Die Fahrt begann damit quasi ganz vom Neuen. Denn ab Alta veränderte sich auch das Gelände rapide. Es ging wieder hinauf in die Berge, auf knapp 400 Meter Seehöhe zur Schneegrenze. Die nächsten rund 100 Kilometer fuhr ich durch die norwegische Tundra.

Es ist eine Landschaft, die sich nur schwer in Worte fassen lässt. Eine hügelige, in den Sommermonaten morastige Steppe mit kargem Graßbewuchs. Die einzigen größeren Pflanzen sind Birken, die hier aber auch eine maximale Wuchshöhe von nur zwei Metern erreichen. Durchschnitten wird die Landschaft, in der Rentierherden grasen und umherziehen, von der E6, die als Norwegens Nord-Süd-Route hier die einzige asfaltierte Straße ist.

Entlang dieser Zivilisationsschneise, auf der viele Autos und leider auch schwere LKW viel zu schnell unterwegs sind, gibt es gelegentlich einfachste Holzhäuser. Einen Ort, der diese Bezeichnung verdient hätte, sucht man vergeblich. Die einzigen wenigen Geschäfte sind Läden, in denen Rentierprodukte aller Art verkauft werden.

Wer etwas Anderes benötigt, muss eben nach Alta an dem einen oder nach Skaigen an dem anderen Ende der Steppenlandschaft.

Sie zu durchqueren dauerte eine Weile und war ein beeindruckendes, aber auch forderndes Erlebnis. Die zahlreichen kleinen Anstiege und der hartnäckige Gegenwind waren ein scharfer Kontrast zur ersten Tageshälfte mit Miro und Sami.
Nach gefühlt zu langer Zeit hatte ich aber schließlich entlang der E6 die Tundra durchquert und ich kam am anderen Ende wieder an die Fjordküste.
Nur noch ca. 135 Kilometer zum Nordkap. Das Ziel meiner Reise ist zum Greifen nahe.
TCR #54 Arktis, Fjorde und Berge
Sonntag, 29. Juni. Das war es wohl vorerst mit dem Schönwetter im norwegischen Nordland. Über Nacht hat sich wieder Regen breit gemacht und die Wolken hingen schwer über dem Fjordland und den Bergen.

Das war zwar etwas schade, aber schließlich bin ich nördlich des Polarkreises, in der Arktis und nicht in der Südsee. Auch dass es hier sobald die Sonne hinter Wolken ist oder tiefer steht ziemlich frisch wird und ich beim Radfahren fünf Schichten anlegen muss, darf mich nicht wundern. Meterologisch gesehen ist der arktische Raum nämlich derjenige, in dem auch im Hochsommer, im Juli, die Durchschnittstemperatur unter 10 Grad bleibt.

Das hatte ich in der Klarheit allerdings nicht bedacht, als ich mir mein Zelt und meinen Schlafsack für die Expedition in den Norden gekauft habe. Nachts werden die empfohlenen Temperaturgrenzen meiner Ausrüstung inzwischen klar unterschritten. Ich versuche daher, möglichst immer ein warmes Zimmer für die Nacht zu finden.
Heute befindet sich das in einem kleinen Haus an der völlig unbedeutenden, nicht asfaltierten Straße Fv361. Und ich bin froh darüber. Zwei weitere Bikepacker aus der Slowakei haben den Weg hierhehr gefunden. Ich habe mit ihnen ausgemacht, dass wir morgen gemeinsam losfahren, um die vermutlich vorletzte Etappe zum Nordkap in Angriff zu nehmen.

Um zu dem Haus zu gelangen muss man zuvor noch eine Bergprüfung bestehen und den Kvænangsfjellet überqueren, dessen Passhöhe auf 401 Metern liegt. Was wieder einmal nicht nach sonderlich viel klingt, aber nachdem der Anszieg beim Fjord auf Meereshöhe beginnt, durchaus in die Beine geht.
Oben grasen Rentiere und es ist fast noch Winter, der Schnee liegt an manchen Stellen noch meterhoch. Das begeistert auch drei Kuwaitis, die mit ihrem Wohnmobil auf den Berg gefahren sind, mir applaudieren und einen Drink anbieten. Was ich dankend ablehne.

Die restliche Fahrt des Tages verlief zumeist an der E6, die hier im Norden die einzige durchgängige Straße ist. Und sich, ähnlich eines Flusses in der Nähe des Ursprungs, zumeist nur noch als einfaches Band durch das Land zieht.

Der Verkehr hielt sich – so wie der Regen – dann auch in Grenzen. Vielleicht weil Sonntag war. Vielleicht aber auch, weil sich doch nichr so viele hierher verlieren. In diese Ecke. 350 Kilometer vom Noedkap entfernt.
TCR #53 Entspannt nach Lyngen
Samstag, 28. Juni. Ich habe selten Probleme mit Krämpfen. Während der bereits über 50 Tage dauernden Reise waren die bisher auch noch nie ein Thema.
Heute Nacht in Tromsø bin ich jedoch mehrmals mit Krämpfen in den Beinen aufgewacht und es dauerte jeweils etliche lange Minuten, bis sich meine Muskeln wieder entspannt hatten und ich mich wieder richtig bewegen konnte. Es war der Zeit, einen Gang zurückzuschalten.

Die Anstrengungen haben an meinem Körper ihre Spuren hinterlassen. Dazu kommt, dass ich gestern zu wenig gegessen und auch zu wenig getrunken habe. Es ist zwar schwierig, als Radreisender in Norwegen die Ernährung ausgewogen zu halten. Aber im Grunde wüsste ich, was zu tun wäre. Und das Trinken sollte überhaupt kein Problem sein, denn Wasser gibt es hier wahrlich genug.
Jedenfalls beschloss ich, mein Zimmer so lange wie möglich zu nutzen, um möglichst viel Schlaf nachzuholen. Es war dann bereits nach Mittag. Bevor ich mich wieder auf den Weg machen konnte, musste ich noch wegen eines neuen Hinterreifens zu „ski & sykkel“ und unbedingt noch Essen einkaufen. Es war schon wieder Samstag.

Zum langsamen Start in den Tag passten dann auch noch ein Kaffee am Strand und eine Stadtrundfahrt durch Tromsø, das auf einer eigenen kleinen Insel, der Tromsøya, liegt.











In Tromsø hätte es noch einiges zu besichtigen gegeben. Das Polarmuseum zur Geschichte des Nordpols, unter anderem mit der Ausrüstung des Polarforschers Roald Amundsen. Oder die Mack-Brauerei, die angeblich nördlichste Brauerei der Welt. So viel Zeit hatte ich dann aber auch nicht. Und vor allem etwas Anderes vor.
Weiter ging es durch Norwegenss faszinierende Fjordlandschaft Richtung Nordkap. Nur ein kurzes Stück musste ich dabei die E8 nehmen, sonst gab es durchwegs schöne, kleine Straßen und, soba.

Ich hatte mich für den Tag gar nicht so genau mit der Strecke beschäftigt. Was gut tat, weil ich einfach dahinfahren konnte.

Es galt dabei auch wieder einige Höhenmeter zu machen. Es war der nächste Teil der bereits gewohnten Berg- und Talfahrt durch Norwegen. Berge, immer noch schneebedeckte Berge, gibt es hier im Norden des Landss überall.

In Breivikeidet erreichte ich die Fähre just-in-time. Alles war gut.
In Lyngen angekommen machte ich jedoch einen Fehler. Ich hatte beim Lesen des Fährplans übersehen, dass an Samstagen die letzte Fähre bereits um 20:00 Uhr und nicht um 21:00 fährt.
Weil ich noch schnell in einen Supermarkt ging, um ein Cola und einen Snack zu kaufen endete meine Fahrt für den Tag hier, nach knapp 100 Kilometern. Auch gut. Die Beine freuen sich. Eine längere Pause. Weiterfahrt erst morgen um 9:15 möglich.
TCR #52 Tromsø
Freitag, 27. Juni. Kaiserwetter heute im norwegischen Nordland. Den ganzen Tag lang war nicht eine Wolke am Himmel. Dazu gab es angenehm milde Temperaturen von knapp 20 Grad und es war zudem nahezu windstill.
Es war ein Vergnügeb, bei solchen Bedingungen durch das Land zu rollen. Nur zwei Dinge trübten die Freude etwas. Das war einerseits meine eigene Müdigkeit und andererseits das herausfordernde Streckenprofil.
Gegen die Müdigkeit gibt es Kaffee. Und daher nuzte ich gleich nachdem ich in Gryllefjorden von der Fähre gegangen war die Gelegenheit, um für Frühstück einzukaufen. Auf der Satellitenkarte hatte ich einen kleinen Badesee an der Ortsausfahrt entdeckt. Dorthin fuhr ich dann und machte es mir gemütlich.

Ich ließ mir Zeit um mich zu stärken denn viel Schlaf hatte ich schließlich nicht bekommen. Es war schon gegen Mittag, als ich dann wieder losfuhr. Im Grunde wäre ich fast lieber an dem See geblieben und wieder einmal einen Tag Pause gemacht. Doch ich musste weiter. Ein Ruhetag war jetzt nicht möglich. Und schließlich war ich gerade die Nacht durchgefahren, um zur Fähre zu kommen. Da wäre es Quatsch gewesen, danach nicht weiterzufahren.
Es gjng jedoch gleich einmal knackjg zur Sache. Mit einer fordernden Auffahrt zu einem Aussichtspunkt auf den Fjord und das Städtchen Gryllefjord.

Über die nächsten Stunden blieb der Streckenverlauf ähnlich. Es gab immer wieder steile Anstiege, an deren Ende ich mit großartigen Aussichten für die Mühen belohnt wurde.

Die Landschaft war überwältigend schön. Und erst recht freute mich, dass es kaum Verkehr gab.

Die Straße verlief kurvenreich bergauf und bergab, oft am Wasser entlang. Wobei ich oft nicht sagen konnte, ob ich gerade an einem Bergsee oder.an einem Fjord war. Beide waren immer kristallklar und schimmerten blau im Sonnenlicht.

Zwischendurch überlegte ich, wie weit ich heute kommen könnte. Das hing wieder von einer Fähre ab, und zwar von der ab Botnhamn. Wenn es mir gelingen würde, die um 20:00 Uhr zu erreichen, könnte ich zumindest in die Nähe von Tromsø kommen.
Ich musste nach Tromsø, denn mein Hintereifen – der schon der dritte auf meiner Reise war – wa bereits stark abgefahren. Hatte praktisch kein Profil mehr. Und Tromsø ist irgendwie der letzte Außenepunkt der Zivilisation. Jedenfalls für lange Zeit die letzte Möglichkeit für einen Reifenwechsel.

Ich war rechtzeitig gegen 19:30 da. Am Hafen nutzte ich die Gelegenheit für einen Snack. Dann konnte ich mein Rad auch schon auf die Fähre schieben – die übrigens wie alle Fähren in Norwegen für Radfahrer gratis war – und machte eine Power-Nap.

Tromsø war danach noch 55 Kilometer entfernt. Zu weit, um noch hinzufahren, dachte ich. Also plante ich, noch 20, vielleicht 30 Kilometer zu fahren und mir dann einen schönen Platz für mein Zelt zu suchen.
Bei Kilometer 20 kam ich jedoch nochmals in die Berge, musste über einen weiteren kleinen Pass fahren. In den Bergen war es spürbar kälter und windig. Da wollte ich nicht zelten.

Nach der Abfahrt waren es kejne 20 Kilometer mehr nach Tromsø. Ich begann nach einem Zeltplatz Ausschau zu halten. Doch hier war es schon dichter besiedelt. Als ich dann endlich eine scheinbar passende Stelle gefunden hatte, versank ich dort mit den Schuhen bis zu den Knöcheln im Morast.
Auch damit hatte ich nicht gerechnet. Wo der Boden nicht speziell angelegt und gepflegt war, da schien er gerade erst nach dem Winter aufgetaut oder vom vielen Regen sumpfig zu sein.
Ich hatte keine Lust mehr auf Zelten. Und obendrein auch noch nasse Füße bekommen. Also holte ich mein Handy heraus und buchte ein Zimmer in Tromsø.
Nur noch 14 Kilometer. Dann endlich richtig schlafen. In einem warmen, weichen Bett. Das war einfach zu verlockend.
TCR #51 Zum Nordzipfel der Lofoten
Donnerstag, 26. Juni. Ein großes Stück vorwärts. Ich habe es geschafft, die Lofoten in nur zwei Tagen abzufahren und in der Nacht, die keine war, den Hafen von Andenes zu erreichen. Von hier aus kann ich um 8:45 die Fähre nach Gryllefjord nehmen. Es sind dann nur noch 500 Kilometer zum Nordkap.
IRRTUM: ES SIND NOCH 700 km. ICH HATTE EINE TEILSTRECKE ÜBERSEHEN
Doch der Reihe nach. Der zweite Tag auf den Lofoten begann wesentlich besser als der zuvor. Ich wachte erholt und ausgeschlafen auf, machte mich dann über das Frühstücksbuffett her und ging die Weiterfahrt gemütlich an.

Die Route führte mich zu Beginn wieder auf die E10. Ich erwartete schon Schlimmes, doch meine Sorge war unbegründet. Die Wohnmobilkarawane, die mich gestern genervt hatte, blieb aus. Und mit ihr auch der Wind. Es war auch ein paar Grad wärmer. Alles in allem war das gleich viel angenehmer. Erst recht, als ich auf die kleinere, kaum befahrene Straße Nummer 82 kam, der ich dann fast den ganzen weiteren Tag folgen sollte.

Wie prognostiziert lichteten sich auch die anfangs noch recht dichten Wolken bald, und es setzte sich mehr und mehr die Sonne durch. Am späteren Nachmittag war es bereits wolkenlos, und das sollte auch so bleiben.

Obendrein hatte ich Fährenglück und kam gerade rechtzeitig zur zwischendurch nötigen Überfahrt von Fiskebøl nach Melbu. Dabei traf ich auch Johannes, der am 6. Mai, einen Tag vor mir, von seiner Haustür in der Nähe von Melk, Richtung Nordkap aufgebrochen ist. Und es war wie jedes Mal, wenn ich unterwegs jemand getroffen habe: wir unterhielten uns kurz, tauschten unsere Erfahrungen aus, fuhren ein paar Kilometer gemeinsam, und dann trennten sich unsere Wege wieder.
Bis dahin hatte ich keinen wirklichen Plan für den weiteren Tag. Ich hatte eingekauft, um mir Essen kochen zu können. Irgendetwas würde sich schon ergeben. Andenes lag noch so weit weg, dass ich es noch gar nicht in Betracht zog, bis dorthin zu fahren.

Ich genoss einfach nur das Panorama, die beeindruckende Landschaft, und fuhr weiter.

Irgendwann, schon nach Skagen, begann ich zu überlegen, wie weit ich noch fahren sollte. Und sah nach, wann die Fähren von Andenes nach Gryllefjord ablegen. Was etwas ernüchternd war. Denn es gab eine Fähre um 8:45, danach erst wieder um 13:00 und um 17:00. Fahrzeit jeweils zwei Stunden.
Ich hatte die Wahl: entweder irgendwo an einem netten Platz mein Zelt aufschlagen und die 13:00 Fähre nehmen. Oder die Nacht, die es hier ohnehin nicht gab, durchzufahren und mit der ersten Fähre zu fahren.

Danach kam bald Wind auf, die Sonne schien zwar weiterhin, stand aber so tief, dass sie keine Kraft mehr hatte. Es wurde wieder richtig kalt. Und ich hatte keine Lust, im Wind und in der Kälte zu übernachten.
Also fuhr ich weiter, denn solange ich fahren konnte, würde mir nicht kalt werden. Es wurde Mitternacht und nach Mitternacht, die Sonne schien weiterhin, der Himmel war strahlend blau und irgendwie wurde ich dadurch nichteinmal müde. Nur der anhaltende kalte Wind war ein bisschen ein Spielverderber.

Es ist schon etwas befremdlich in der Mitternachtssonne auf den Lofoten. Außer mir war kein Mensch unterwegs. Alle schliefen. Die Vögel, Schafe und Kühe an denen ich vorbeikam, waren jedoch wach. Das Land gehörte jetzt ihnen. Und mir.

Und schließlich, um etwa 5 Uhr morgens, war ich in Andenes. Am Fährhafen gab es eine Bank, auf der ich meine Küche aufbaute und Essen kochte. War das jetzt Mittagessen, Abendessen oder Frühstück? Irgendwie alles. Dann stellte ich meinen Wecker auf 8:20, setzte meine Schlafmaske auf und schlief ein.

TCR #50 Lofoten: Panorama, Wohnmobile und kalter Gegenwind
Mittwoch, 25. Juni. Es hat sich gelohnt, noch die letzte Fähre von Bodø zu nehmen. Obwohl das mit dem Schlafen auf der Fähre leider nicht geklappt hat. Sie war einfach zu voll und die einzelnen Sitze zu unbequem dafür. So konnte ich erst nach der Ankunft um 2:30 in Moskenes mein Zelt aufbauen und dann zumindest noch ein paar Stunden Ruhe finden. Dennoch: als ich wieder aufwachte schien die Sonne, die Lofoten präsentierten si ihrer Bilderbuchseite.

Bei einem solchen Panorama fährt es sich gleich viel leichter. Auch wenn man nicht richtig ausgeschlafen ist. Ich kam allerdings nicht besonders schnell voran, weil ich immer wieder zum Fotografieren stehenblieb.

Die Zeit musste ich mir nehmen. Wer weiß, wann ich wieder hierher komme. Gut gelaunt fuhr ich von Foto-Punkt zu Foto-Punkt und war mental auf einen angenehmen Tag in dieser bezaubernden Umgebung vorbereitet. Zumal die Strecke laut Vorausberechnung flach zu sein versprach.

Das Erste, das nicht so richtig in die Bilderbuchumgebung passte, war der starke Verkehr. Anfangs hatte ich den noch gar nicht richtig bemerkt und wohl auch gedacht, er würde nachlassen, wenn ich weiter von Moskenes wegkomme.

Das war aber nicht so. Ich bewegte mich in einer nicht abreißen wollenden Wohnmobil-Karawane, dazwischen normale Autos und Lastwägen, die auf der mitunter recht schmalen und schlechten Straße in beide Richtungen fuhr. Der Verkehrslärm war erheblich und mehrmals musste ich anhalten, um hinter mir drängelnde Wohnmobile passieren zu lassen.

Dann wurde auch das Wetter schlecht. Die Sonne war bald hinter einer dicken Wolkendecke verschwunden und es kam ein rescher, kalter Nordwind auf. Obendrein stellte ich bald fest, dass die vorab errechneten Höhenmeter nicht stimmen konnten. Nach kaum 50 Kilometern war ich bereits den Großteil der angeblich auf über 200 Kilometern langen Teilstrecke nur 800 Höhenmeter gefahren, und es ging weiter hurtig hügelig bergauf, bergab. Immer wieder mit kräfteraubenden Rampen über die Insel.

Wenn man bedenkt und sieht, wie sich die Berge steil vom Meeresspiegel aus erheben, ist etwas Anderes auch kaum zu erwarten. Entspannt war der Tag schon lange nicht mehr. Und wieder einmal waren Einkehrmöglichkeiten rar, und davon auch noch die meisten geschlossen.

Das gehört zu meiner Reise. Es war mir von Anfang an bewusst, dass es auch hart wird. Mein Transcontinental Ride ist kein Urlaub, kein Spaß und keine Vergnügungsreise. Könnte es sein, wenn ich in etwa doppelt so viel Zeit hätte und nur 70, 80 Kilometer am Tag fahren würde. Zwischendurch ausnahmsweise einmal 100. Und jede Woche mindestens einen Ruhetag machen würde.
Doch das ist in meinem Zeitbudget nicht drin. Ich muss auch fahren, wenn das Wetter schlecht ist, wenn es zwickt und die Beine müde sind. Schauen, dass ich mein tägliches Pensum von durchschnittlich 150 Kilometer zumindest annähernd erreiche. Trotz aller Schwierigkeiten und Hürden am Weg, von denen es mehr als genug gibt.
Mich dazu zu motivieren fällt oft genug schwer. Aber es gibt immer wieder ein erreichbares Ziel zwischendurch, an dem ich mich festhalten kann. Wenn ich stets nur an das Nordkap denken würde, wäre ich längst nicht so weit gekommen. Und Urlaub machen und mich richtig erholen kann und muss ich, wenn ich wieder zuhause bin.
Weiter ging es also, gut eingepackt im Regengewand als Windschutz. In der Wohnmobil-Karawane. Alle möglichen schöne Plätze die es gab waren ebenfalls mit Wohnmobilen verparkt. Es war, als wäre man auf einer Camping- und Caravan-Messse
Erst als die Radroute eine Weile von der Hauptstraße E10 auf die kleinere 815 führte wurden der Verkehr und der nervige Verkehrslärm weniger. Ich konnte das Panorama etwas mehr genießen.

Was allerdings nicht besser wurde, war das Wetter. Es fielen zwar nur selten einige harmlose Regentropfen, der kalte Wind war jedoch anhaltend und drückte die Temperatur, die ohnehin nur noch bei 8 Grad lag, gefühlt noch weiter nach unten.

Ich wurde immer müder und hatte nur noch wenig Lust, weiterzufahren. Also beschloss ich, mir für die Nacht wieder ein warmes Zimmer zu nehmen. In Svolvær, das zu dem Zeitpunkt noch fast 50 Kilometer entfernt war, fand ich eines. Dreimal so teuer wie normalerweise auf meiner Reise, aber zumindest in fahrbarer Distanz und ohne Umweg direkt an meiner Route, die dann schon wieder entlang der E10 verlief. Zumindest hatten sich dann schon die meisten Wohnmobile irgendwo eingeparkt und der Verkehr war nun erträglicher.
Mit der Karotte eines bequemen, weichen Bettes und reichlich Schlaf vor der Nase konnte ich nochmals Energien mobilisieren und kam schließlich im warmen Zimmer an. Müde und richtig ausgelaugt kippte ich auf das Bett.
Nur noch rund 800 Kilometer bis zum Nordkap.
TCR #49 Auf zu den Lofoten
Dienstag, 24. Juni. Ich bin auf der Fähre Richtung Lofoten. Nach einem intensiven Nachmittag habe ich es gerade noch geschafft, an Bord der letzten Fähre des Tages zu kommen. Abfahrt in Bodø um 22:30; Ankunft in Moskenes um 2:30. Ich hoffe, mich auf der Fähre etwas frisch machen und ein bisschen schlafen zu können

Richtig knapp wurde es, weil ich zu Mittag wieder einmal 2,5 Stunden auf eine Fähre warten musste. Ich konnte die Zeit zwar gut nützen, Essen und Kaffee kochen, aber eine so lange Pause wäre nicht notwendig gewesen.
Während ich wartete kamen etliche weitere Bikepacker angerollt. Darunter auch einige bekannte Gesichter. Godin der Franzose, Casper der Däne und Fred und Sebastian aus Deutschland. Es war nett, sie wiederzusehen und Erfahrungen auszutauschen.

Nach der Überfahrt musste ich noch 120 km, gespickt mit vielen Höhenmetern, fahren, um den Fährhafen in Bodø zu erteichen. Eine Weile fuhr ich mit Sebastian, doch dsr war mir auf Dauer zu schnell. Alle Anderen zu langsam.
Da ich nicht genau wusste, wie weit es tatsächlich nach Bodø ist, wurde ich mit der Zeit etwas unrund und machte nur einmal kurz an einer Tankstelle Halt, um einen Hotdog zu essen und ein Cola zu trinken.
Die Wegweiser an den norwegischen Straßen haben nämlich selten Kilometer-Angaben und am Ende hätten 10 km mehr bedeutet, dass ich in Bodø noch einen Schlafplatz finden hätte müssen, was ziemlich aussichtslos gewesen wäre.

Letztlich hat jedoch alles bestens geklappt. Und entlang des.Weges war das Panorama so beeindruckend, dass mir deshalb öfter die Luft wegblieb als wegen der Anstrengung.

Eine Bucht war schöner als die andere, jeder Ausblick eine Sensation für sich.

Zwischendurch hatte ich das Gefühl, mich auf 1200, 1300 Metern Seehöhe zu bewegen. Eine ähnliche Landschaft gibt es in Österreich nämlich nur im alpinen Raum.

Tatsächlich bewegte ich mich aber maximal auf 200 bis 300 Metern Seehöhe. Was aber den vielen Anstiegen nicht ihre Würze nahm. Eine Rampe ist eine Rampe. Egal ob sie am Meeresspiegel oder aufn1000 Mstern Höhe beginnt.

Morgen geht die Fahrt auf den Lofoten weiter, die besonders schön sein sollen. Ich lasse mich überraschen und freue mich darauf, die Inselgruppe zu „erfahren‘.

TCR #48 Fjordküste und Fähren
Montag, 23. Juni Meine Nacht war kurz. Also eigentlich der Schlaf, denn eine Nacht gab es nicht. Deshalb, und weil das.Wetter mitspielte, fuhr ich gestern so lange, bis ich nicht mehr weiter konnte.
Das war um 2:30 in Levang. Hier endete die Straße, und die nächste Fähre nach Nesna auf der anderen Seite des Fjords fuhr erst um 6:25. Also habe ich mir im Fähren-Wartehäuschen eine Schlafstätte eingerichtet und den Wecker auf 6:00 gestellt.
In Nesna habe ich mit Proviant für den Tag eingedeckt und anschließend ein nettes Frühstücksplätzchen am Helgeland-Strand gesucht.

Gestärkt ging es danach weiter, immer entlang der Straße Nummer 17 und des Europa-Fernradwegs Nummer 1. Und zu Beginn des Tages gleich einmal vom Meeresspiegel auf 370 Meter Seehöhe. Danach kamen noch zahlreiche kleinere Schnapper und Rampen, aber nichts mehr, was mich wirklich gefordert hätte.

Die aberwitzigen Anstiege, die laut Garmin am Weg zwischendurch folgen sollten waren nicht existent. Die Navi hatte bei der Berechnung nicht berücksichtigt, dass es an diesen Stellen Tunnels gab und in der Vorausberechnung die Höhenemeter für Fahrten über die Berge angegeben.

Ich hatte damit auch schon gerechnet, denn ein vier Kilometer langer, schnurgerader Anstieg mit über 30 Prozent durchschnittlicher Steigung ist beispielsweise völlig absurd. Noch schlechter funktioniert hier das Routing via Google Maps. Als ich etwa heute einmal damit die Entfernung zum nächsten Fährhafen berechnen wollte, erhielt ich die Information, dass es keine Verbindung gäbe.

Natürlich gab es die. Einfach immer der Straße Nummer 17 weiter folgen. Informationen elektronischer Geräte sollte man hier im Norden nur bedingt trauen. Stattdessen einfach das Hirn einschalten. Und was die Frage nach der Entfernung betrifft: irgendwann kommt wieder ein Straßenschild mit einer Kilometerangabe. Man muss nicht immer alles sofort wissen.

Schließlich hatte ich für heute im Grunde nur ein Ziel, und das war, in etwa die Hälfte der Strecke nach Bodø zu fahren. Um morgen Abend noch auf eine Fähre zu den Lofoten zu kommen. 300 Kilometer waren es bei meiner Abfahrt am Morgen noch.
Als ich dann nach der Fährfahrt nach Furøy 145 Kilometer gefahren war, lachte mich ein Campingplatz-Schild an. Und sofort bog ich scharf links ab.
TCR #47 Sonnwend-Sonntagsfahrt -> Levang
Sonntag, 22. Juni. Ein sensationell schöner Tag in Norwegen, an dem ich ewig fahren konnte.
Zum Start gab es ein üppiges Frühstück im Hotel in Kolvereid. Nachträglich gesehen war das für den Tag auch nötig.

Vor zwei Tagen bin ich auf die Euro-Radroute 1 gestoßen, und der folge ich seither. Bis zum Nordkap. Dem bin ich heute ein gutes Stück näher gekommen, und das Wetter und die Landschaft – immer an der Küste entlang waren herrlich.

Unterwegs habe ich die Bekanntschaft von drei weiteren Bikepackern gemacht, die aus unterschiedlichen Richtungen kommend mit unterschiedlichen Zielen unterwegs waren. Marius, der Norweger, der von Trondheim nach Tromsø fährt,

Dörte, die zu den Lofoten will und Casper, der aus Kopenhagen kommend so wie ich ans Nordkap möchte

An diesem sonnigen Sonntag hatten alle beste Laune, folgen wie ich dem Weg, denn einen anderen als entlang der Euro-Radroute, die bisher mit der Panoramastraße 17 zusammenfällt, gibt es nun nicht mehr.

So wie es derzeit eigentlich keinen Sonnenuntergang gibt. Und weil auch die Temperaturen angenehm waren, fuhr ich eben so lange, bis ich am Fährhafen von Levang angekommen war und mir ein Nachtlager einrichtete, damit ich um 6:25 gleich mit der ersten Fähre wieder weiterfahren kann.

Den schönen Tag ausnützen, so lange es möglich ist. Denn leider wird das Wetter nicht lange so großartig bleiben.















TCR #46 God sommer -> Kolvereid
Samstag, 21. Juni. „God sommer“ – „Schönen Sommer“. Mit diesem netten Gruß am Display über dem Fahrersitz fahren Norwegens Linienbusse derzeit durch das Land. Heute ist Sommersonnenwende. Und in Lund, wo ich gerade am Fährhafen auf die nächste Fähre nach Hofles warte, ist der theoretische Sonnenuntergang um 00:08. Eine Nacht gibt es nicht. Das wird hier auch allenorts mit kleinen Feiern zelebriert. Zumal die Sonnenwende in diesem Jahr auch auf ein Wochenende fällt.

Vom Sommer hat man hier im Norden allerdings ein etwas anderes Verständnis als zuhause. Sommer ist, wenn es (fast) nicht dunkel wird. Winter dagegen, wenn es (fast) nicht hell wird.
Für mich bedeutet das, dass ich – theoretisch zumindest – rund um die Uhr fahren könnte. Oder, dass ich, um schlafen zu können, die Vorhänge fest zuziehen muss.

Wobei ich heute Nacht mit dem Schlafen kein Problem haben sollte. Ich bin müde. Von den letzten Wochen, und erst recht von der gestrigen Fahrt. Die mich heute zugegeben schon etwas gebremst hat.
Am Morgen brauchte ich noch mehr Zeit als sonst, bis ich reisefertig war. Ich kam erst zu Mittag los und spürte dann auch bei jedem kleinen Hügel, wie ausgelaugt meine Beine waren.

Das wirklich Gute an dem Tag ist für mich, dass es sich vorerst ausgeregnet hat. Der Himmel ist zwar immer noch wolkenverhangen, mehr als ein paar harmlose Tropfen fielen aber den ganzen Tag lang nicht. Jetzt am Abend klart es immer mehr auf, und morgen soll es tatsächlich einmal einen Sonntag geben, der seinen Namen auch gerecht wird.
Ich freue mich darauf, denn meine Fahrt geht an der Fjordküste weiter, und was ich bisher davon gesehen habe, war beeindruckend. Ohne Regen natürlich noch mehr als mit.
Heute führte mich mein Weg von Namsos entlang der sehr wenig befahrenen Straße 769 nach Lund, wo ich wieder auf eine Fähre muss, nach Hofles. Dummerweise hatte ich mir den Fährplan davor nicht angesehen und das Schiff um 17:10 um wenige Minuten verpasst. Und weil Samstag ist fuhr die nächste Fähre erst um 20:30.

Ich habe versucht, das Beste aus der Lage zu machen. Also im Hafencafé zu essen und ein Zimmer im einzigen Hotel in Kolvereid, einem kleinen Ort, ca. 15 km nördlich von Hofles zu buchen.

Es war gut, das gleich zu machen, denn um 20:00 war es bereits ausgebucht. Und das nächste Hotel? Irgendwo, zig Kilometer weiter im Norden.

Bin ich eben einmal nur 80 km weiter Richtung Norden gekommen. So what? Gut und lange schlafen, morgen geht es weiter.

TCR #45 Von Trondheim nach Namsos, mit Dauerregen und Umweg
Freitag, 20. Juni. Was für ein Tag! Ich bin früh aufgestanden, um ausgiebig frühstücken zu können und möglichst bald auf eine Fähre von Trondheim nach Vanvikan zu kommen. Dieser Teil hat geklappt. Nachdem ich ein Omelette aus 6 Eiern verdrückt hatte machte ich mich auf dem Weg zum Fährhafen und kam dort auf die 8:20 Fähre.

Während der Überfahrt begann ich an der Route für den Tag zu tüfteln. Und tatsächlich schlug mir Strava eine Variante für die Fahrt nach Namsos vor, die nur 150 km statt etwas über 200 km lang wäre. Angesichts des anhaltenden Schlechtwetters dauerte es keine 10 Sekunden, bis ich mich entschlossen hatte, diesen Weg zu nehmen. Und fix hatte ich auch noch während der nur 25 Minuten langen Überfahrt ein Zimmer für die Nacht in Namsos gebucht.

In Vanavikan angekommen funktionierte jededoch die Synchronisation zwischen meinem Handy und meiner Navi nicht. Kein Problem, dachte ich. Muss ich eben das Smartphone zur Navigation nutzen. So viele Straßen und Möglichkeiten gibt es hier ohnehin nicht. Wird schon klappen.

Genau das war dann allerdings der Grund, weshalb ich am Ende des Tages nicht 150 km, sondern 216 km fahren musste, um zu meinem Zimmer in Namsos zu kommen.
Das Handy-Display schaltete sich nämlich, um Strom zu sparen, immer wieder ab. Und schwupps hatte ich auch schon die Abzweigung für die kürzere Strecke übersehen. Und eine weitere Abzweigung kam nicht.

Inzwischen hatte der Regen, der den ganzen weiteren Tag mein Begleiter bleiben sollte, wieder richtig norwegisch eingesetzt. Als ich einige Hügel weiter wieder einmal auf mein Handy-Display sah, bemerkte ich meinen Fehler. Ich war für die kürzere Strecke schon viel zu weit in den Norden gekommen.
Etwas perplex überlegte ich: sollte ich umkeheren oder doch weiter der Straße folgen, auf der ich mich befand. Ich überließ die Entscheidung Garmin und Google Maps, und deren Empfehlungen waren eindeutig: Weiter auf der Straße 715, die würde mich auch nach Namsos führen.

Also weiter. Und im Grunde war das auch eine Top-Empfehlung, denn die Straße 715 ist eine Traumstraße. Motorisierte Fahrzeuge werden hier auch zusätzlich zur Kasse gebeten.
Die Straße führt in einer „C“-Form durch eine traumhaft schöne Landschaft entlang mehrerer Flüsse und über einen kleinen Gebirgszug zum Osenfjord und von dort wieder zurück zur Straße Nummer 17, die diesen Abstecher ausgeklammert hätte. Und auf der ich laut Strava bleiben hätte sollen.

Die Extra-Tour hatte nur einen Schönheitsfehler. Den Dauerregen. Der nahm der Landschaft viel von ihrem Reiz.

Und die Temperaturen, die während meiner Fahrt auf 5 Grad sanken, taten ihr Übriges, damit die Etappe zu einer weit schwereren Angelegenheit wurde, als ich am Morgen auf der Fähre gedacht hatte. Dazu kam, dass ich über 1000 Höhenmeter mehr fahren musste, bis ich – dann erst wenige Minuten vor Mitternacht – am Ziel war.

Auf der ganzen Strecke gab es außerdem auch nur zwei Möglichkeiten, einzukehren, einen Kaffee zu trinken, mich aufzuwärmen und etwas abtrocknen zu lassen. Ich wusste, dass die Abstände zwischen den einzelnen Möglichkeiten so groß sein würde. Ich hatte auch genug zu essen dabei. Das war nicht das Problem. Trinken sowieso nicht. Wasser gab es hier mehr als genug und bei Dauerregen und 100 % Luftfeuchtigkeit atmet man ohnehin permanent Wasser ein und hat entsprechend weniger Durst.

Zermürbend war jedoch, dass es keinen trockenen Platz gab, keinen Ort, an dem ich mich einmal unterstellen hätte können. Ich wünschte mir ein Begleitfahrzeug herbei. Ein Wohnmobil als trockenen und warmen Rastplatz. Selbst die wenigen Tankstellen, die es am Weg gab, waren bereits zu Automaten-Tankstellen umgestaltet, die ehemaligen Verkaufs- und Kassenhäuschen leer und versperrt.

So wurde die schöne Strecke zu einer harten Prüfung. Und als ich dann um Mitternacht – es war immer noch tagshell – endlich an meinem Quartier ankam, wartete dort die nächste Überraschung: Die Schlüsselbox ließ sich nicht öffnen. Ich stand nach 15 Stunden Wegzeit nass und müde im Regen vor der Tür und konnte nicht in mein Zimmer.

Vergeblich versuchte ich die Vermieter zu kontaktieren, dann den Booking.com Kundendienst. Schließlich bekam ich einen Anruf aus Spanien. Am anderen Ende war ein Herr, der sich beklagte, um Mitternacht geweckt geworden zu sein und mir telefonisch erklären wollte, wie ich die Box öffnen könnte. Doch da war nichts zu machen. Die Klappe, die Zugriff auf den Schlüssel geben sollte, öffnete sich nicht. Der nächste Vorschlag des Spaniers war, dass ich mir eben ein anderes Hotel suchen sollte.
Ich fühlte mich regelrecht verschaukelt. Was war das für ein Rat? Ich war 15 Stunden lang unterwegs gewesen müde und nass. Hatte am Vormittag mein Zimmer gebucht und bezahlt. Und dann bekam ich den Rat, dass ich eben irgendwohin an einen anderen Ort fahren sollte.
Erst als ich dem Spanier klar gemacht hatte, dass das absolut unmöglich wäre und ich hier in Norwegen auch nicht einfach über die Straße zum nächsten Hotel gehen könnte – weil es nämlich keine anderen gab – ließ er sich dazu hinab, den Mann zu kontaktieren, der das Appartement in Namsos betreut.
Gegen 1 Uhr nachts kam der dann auch tatsächlich, öffnete die Box und gab mir den Schlüssel. Endlich konnte ich in mein Zimmer, ins Trockene, unter die warme (leider nicht heiße) Dusche und meine nassen, verschwitzten Radklamotten vom Schweißgeruch befreien und zum Trocknen aufhängen. Noch einen Bissen essen.
Es war 2:30, als ich endlich damit fertig war. Ich stellte den Wecker auf 9:00 Uhr, zog die Vorhänge zu und war Sekunden später eingschlafen.
TCR #44 Im Regen nach Trondheim
Donnerstag, 19. Juni. Trondheim. Endlich. Der erste große Norwegen-Abschnitt ist geschafft. Es war nicht leicht. In etwa vergleichbar mit dem ersten Teil meiner Fahrt durch Spanien bis Sevilla. Nur dass ich in Südspanien bestes Radwetter hatte und ich selbst noch frisch und ausgeruht war.

5000 Kilometer weiter auf meinem Weg schaut es anders aus. Ich mag gar nicht mehr auf die Wetterkarte schauen, denn das Wetter ist ohnehin wie es ist. Und, seit ich in Norwegen bin, schlecht. Bedeutet Höchsttemperaturen am Tag von ca. 10 Grad, Tiefstwerte bei 4 Grad. Dazu oft und lange Regen mit einigen kurzen Auflockerungen dazwischen. Wind meistens vom Nordwesten, schön auf mich zu. Und ich selbst alles Andere als frisch.

Das wird dann zwischendurch auch zur Last. Katie scheint einen Zementsack geladen zu haben. Ich mache dann Halt, suche mir einen von Wind und Regen geschützten Platz und esse und trinke etwas. Manchmal nicke ich dabei auch kurz ein. Sekundenschlaf. Zumindest während dem Fahren ist mir das noch nicht passiert.
Abseits der Schnellstraßen, die ich wegen des starken Verkehrs zu meiden versuche, ist zudem die Infrastruktur für die Versorgung mit Proviant dünn. So dünn, dass ich mich frage, wie sich die Menschen, die hier leben, versorgen. Leben die nur vom Fischen und Jagen? Cafés haben absurde Öffnungszeiten, die mich als Durchreisenden ratlos machen.

Die Landschaft ist schön, bei dem andauernden Regen schaut aber vieles gleich aus. Fernsicht habe ich selten, wenn es regnet schaue ich aber auch wenig ins Land, habe den Kopf meistens ein wenig nach unten, damit mir der Regen weniger stark ins Gesicht fäĺlt. Die Sonnenbrille trage ich als Regenschutz. Ich sehe meistens nur die Straße, einen Fluss und Wald. Dazwischen einige Holzhäuser und Schafe. Noch keinen Elch, obwohl es die hier überall geben soll.

Ungefähr alle 20, 30 Kilometer gibt es einen kleineren Ort. Wenn ich an einem Geschäft vorbeikomme, mache ich meistens Halt. Belohne mich mit einem Snack, Obst, ein frisches Getränk, heißen Kaffee – sofern es einen gibt. Ich kann schließlich immer nur wenig Essen und Trinken auf die weitere Fahrt mitnehmen. Sonst wird das Rad zu schwer.
Das entspricht nicht so ganz den Bildern, die man im Kopf hat, wenn man in Österreich sitzt und an Norwegen denkt. Bei Sonnenschein und gut 10 Grad höheren Temperaturen sähe es vielleicht auch anders aus, aber Konjunktive ändern die Situation nicht. Es ist wie es ist.

Vor mir liegen aber auch noch rund 2000 Kilometer zum Nordkap. Vielleicht wird es noch anders. Bis dahin muss ich mich mit den rauen Bedingungen arrangieren.
TCR #43 Forollhogna und doch noch nicht Trondheim
Mittwoch 18. Juni. Als ich am Morgen losfuhr, war ich noch sicher, dass ich am Nachmittag, spätestens am Abend in Trondheim sein würde. Meine Navi zeigte nämlich an, dass ich nur noch rund 10 Kilometer der Straße durch den Forollhogna Nationalpark folgen müsste. Etwa 300 Höhenmeter noch, dann wäre ich am Scheitelpunkt angelangt. Danach sollte es im Grunde nur nocb bergab gehen, ungefähr weitere 90 Kilometer nach Trondheim.

Beinahe hätte ich auch schon ein Zimmer in Trondheim gebucht. Es sollte sich als gut herausstellen dass ich das nicht gemacht hatte.
Nach einem Frühstück (Porridge und Kaffee, ein Vanillegebäck hatte ich auch noch) gjng es im Nationalpark weiter bergauf. Die Strecke war richtig schön. Etwas fürs Auge. Vorbei an einem Wasserfall, die immer noch mit Schneefeldern bedeckten Berge im Blick.
Meter um Meter schraubte ich mich höher. Nur noch 300 Höhenmeter. Eine Kleinigkeit.

Wenn ich bergauf fahre wird mir nicht kalt. Das ist ein Vorteil davon. Auch hier. Zwischendurch kam sogar die Sonne heraus, sodass ich – optimistisch wie meistens – sogar das Regenzeug auszog.

Doch dann, bei dem anscheinend letzten Haus auf dieser Seite der Berge, war die Straße plötzlich zu Ende.

Es führte nur noch ein schmaler Pfad weiter nach Norden, der kurz darauf richtig unwegsam wurde.

Meine Navi meinte zwar weiterhin, dass ich in Richtung der Berggipfel weiter sollte, doch mir war klar, dass das keinen Sinn hatte. Erst recht nicht, als wieder einmal eine Regenwolke von der anderen Seite angerauscht kam.
Ich musste umkehren. Es gab keinen Weg, auf dem ich mit Katie weiter nach Norden kommen hätte können. Ich musste abfahren bis Dalsbygta, der letzten kleinen Ortschaft, durch die ich bereits am Abend davor gekommen war.
Kurz ärgerte ich mich. Ich war in einer Sackgasse gelandet und hatte dabei etliche Stunden verloren. Wenn ich umkehren musste, würde ich es heute nicht mehr nach Trondheim schaffen.
Dann aber entschloss ich mich, den Planungsfehler nicht als Ärgernis zu sehen. Ich hatte zwar Zeit aufgewendet, dafür aber auch etwas Schönes erlebt. Und genau darum ging es doch bei meiner Reise. Es war völlig irrelevant, ob ich heute oder auch erst morgen in Trondheim ankomme. Ich fuhr schließlich nicht beim Transcontinental Race mit (das es – für die weniger Radsportinteressierten – tatsächlich gibt), sondern meinen eigenen Transcontinental Ride. Dessen Sinn war alles Andere als „das härteste Rennen der Welt“ (von denen es ebenfalls einige gibt) in möglichst kurzer Zeit zu finishen.
Mit dieser Einstellung fiel es mir viel leichter, nach Dalsbygta zurück zu fahren. Ich ließ mir bei der Abfahrt Zeit und machte noch einige Fotos. In diesen Nationalpark würde ich vermutlich nicht mehr kommen.

Viel bedauerlicher fand ich es, dass das Café in Dalsbygta, auf das ich mich gefreut hatte und in dem ich mich aufwärmen wollte geschlossen war. Das war wirklich schade.

Zumindest gab es im Ort ein Geschäft, einen Allerlei-Laden, in dem es Lebensmittel ebenso gab wie Kettensägen. Dort deckte ich mich für die Weiterfahrt mit Proviant ein und machte auch gleich Essenspause.
Danach sah ich mir frisch gestärkt an, wie ich nun weiterfahren könnte. Das war im Grunde gar nicht so schwer. Ich musste nur ein paar Kilometer weiter dem Vangrøfta folgen, dann würde ich auf die Straße Nummer 30 kommen, die über Røros nach Trondheim führt.
Nachdem ich wusste, was zu tun war, fuhr ich wieder weiter. Ich hatte keine Ahnung, wie weit es noch nach Trondheim wäre. Erst in Røros, wo wieder alle Cafès geschlossen waren, verriet mir das ein Straßenschild: Noch 154 Kilometer. Ich war also eine Extraschleife von ungefähr 70 Kilometern gefahren. Egal. Ich würde noch weiterfahren, bis ich müde wäre. Oder einen guten Platz zum Übernachten fände. Einen Wunsch hatte ich aber noch: nach zwei Tagen im Zelt bei nasskalten Bedingungen bitte wieder ein warmes Zimmer, eine ebensolche Dusche und ein weiches Bett.
19 Antworten zu “TCR – Bikepacking-Tour durch Europa”
Na bumm, vergnügen ist das aktuell keines. Weiter kämpfen, bist bald am Ziel 🥳
Hallo Peter! Alles Gute zum Geburtstag und weiterhin toitoitoi🍀🍀🍀! Interessante Geschichten und tolle Fotos! Bin durch deine Storys auf die „Albrecht Routen“ gestoßen… Andre weiß noch gar nichts von seinem Glück…😅
herrschaftszeiten, man soll nicht schreiben, wenn man schläft: upd = ups und eine stein = einen stein : )
upd, da ist mein text wohl über eine stein gehüpft … natürlich „stories“!
hopala, da ist mein text über eine stein gehüpft … natürlich „stories“!
rock it, söm, coole stroies zu lesen und schöne fotos : )
Hallo Peter!
Gratulation zum ersten Abschnitt! Jetzt kannst du die Pyrenäen richtig genießen! Die werden dir richtig gut gefallen.
LG
Pino
Wenn ich meinen Bruder ergänzen darf, die Vorarlberger „Funkaküachle“ heißen in Extremadura „Hojuelas“ (sprich: ochuelas), was so viel wie Flocken bedeutet. So hat es mir meine Schwiegermutter erklärt.
Du machst das übrigens genial, ist ein richtiger Krimi!
Hallo Peter!
Ich sage jetzt einfach Mal Du zu Dir😉.
Also die siera del norte ist ja wirklich wieder einmal ein Traum🍀!
So ein fritiertes Süßgebäck heißt in Vorarlberg „Funkaküachle“, also Teig heraus gebacken, dann mit Staubzucker bedeckt. Ich selbst fahre seid 2 Jahren mit dem Garmin Vario Radar, das gibt mir wirklich spürbar Sicherheit bezüglich Verkehr von hinten kommend. Das Rücklicht selbst fahre ich immer im Automatik Modus (blinkend), damit reicht der Akku so ca.10 Stunden.
LG Simon Jäger
Aha es ist das Hotel San Jorge geworden 😉. Einfache erhoben schönen Abend. LG Simon
Lieber Peter!
Ich hab allergrößte Bewunderung für dein Vorhaben, aber bin auch gerade a bissl neidisch, dass du das in Angriff nehmen kannst. Ich hoffe, alles geht más o menos so wie geplant! Ich wünsche dir gute Beine, solide Technik und schönes Wetter und werde dein Ritt durch den Kontinent laufend verfolgen. Venga, vamos!
Viele liebe Grüße, Franz
A Wahnsinn – what a challenge!
Na da wünsch ich dir viel Zielstrebigkeit, robuste und strapazfähige Arschbacken, möglichst wenig Regen und knallige Sonne, und überhaupt!!
Alles Gute, do it well – you rock!!
ich werde deinen Blog mit Bewunderung verfolgen
Hallo Peter! Super tolle Bilder tolle Infos, Danke🍀!
Wie war der Affenberg? Bei dem Gewicht wäre es keine Schwäche zu schieben…😅😅😅. Selbst Christoph Strasser hat bei seinem ersten TCR ( für nicht Insider, das trans continental RACE😉), das Fahrrad kurz vor dem Ziel sehr steil abwärts (wegen absoluter Sturzgefahr) geschoben…😀Zitat: „Notfalls schiab i di Hitn bis ins Ziel“ weiterhin toitoitoi! Der Garmin livetracker ist genial, den teile ich auch immer wieder.😉. In Spanien abseits der Hauptrouten zu fahren ist sicher überhaupt kein Fehler, habe so einen mega Stress auch Mal kurz erlebt, so zur Stoßzeit…da ist die Triester Straße in Wien noch Urlaub dagegen…😀😅 LG Simon
Hallo Peter,
Alles Gute für dein Abenteuer.
Ich freue mich schon auf viele spannende Berichte und deine Eindrücke.
Liebe Grüße
Bernhard
Wahnsinn, echt Hut ab!
Da krieg ich ja schon Muskelkater, nur wenn ich dran denke 😄. Ich wünsch dir weiterhin ganz viel Spaß, tolle Erlebnisse, nette Begegnungen unterwegs und natürlich immer genug Luft in den Reifen! Pass gut auf dich auf und genieß das Abenteuer!
Ich bin von dem Vorhaben extrem beeindruckt. Ich wünsche gutes Gelingen und stramme Wadeln. Ich werde dem Blog interessiert folgen. Alles Gute
Wozu braucht man CO2 Kartuschen?
dear söm,
ich wünsche dir eine erlebnisreiche reise und viele interessante erfahrungen. wenn du wieder zurück bist und dich erholt hast, sollten wir uns endlich wieder mal treffen.
bis dahin werde ich gespannt deinem blog folgen.
alles gute und bis dann,
gerhard.
Guten Tag!
Hier spricht Simon Jäger, Bruder von Andreas Jäger 😉.
Bin schon sehr gespannt auf die Reuseupdates,🍀. Ich bin am trainieren für das RAA (Race across Austria) North-south 500 km. Start ist am 19 Juni. Heiser Tipp von mir bezüglich CO2 Kartuschen: die habe ich schon längst entsorgt… benutze jetzt ein Modell von topeak. https://www.amazon.de/gp/aw/d/B08BFB5R2C?psc=1&ref=ppx_pop_mob_b_asin_title
Passt sogar in den Rahmen vom Sattelrohr. Geht perfekt, auch fürs Mountainbike, alle Ventilarten und hat auch noch einen „Schlüssel“ in der abschraubbbaren Pastikabdeckung, um das Rennradradventil richtig fest zu schrauben. Liebe Grüße Simon